Über uns

Grundgedanken zum Konzept

Der Jugendhof entstand aus den visionären Ideen seiner beiden Gründer Annette Kelb (Sonderpädagogin und bis heute Vorsitzendend des JhBr) und Hans-Friedrich „Fidel“ Jahncke (damaliger Geschäftsführer und Vorsitzender des JhBr). Was zunächst als sozial-ökologisches Modellprojekt begann, blickt nun auf eine bewegte Geschichte von 30 Jahren zurück, die maßgeblich vom Engagement und der Leidenschaft der beiden geprägt wurde. Als Fidel das Gelände einer ehemaligen landwirtschaftlichen Versuchsstation im Havelland für sein Projekt gewinnen konnte, war der Grundstein bald gelegt: Hier sollte die idealtypische Kombination aus Jugendhilfe mit ökologischer Landwirtschaft entstehen. In ökologisch nachhaltigen Neubauten sollte ein Forschungs- und Bildungsstandort aufgebaut werden, der zudem Vorreiter in der Gewinnung von erneuerbaren Energien werden sollte.

Bis heute kombiniert der Jugendhof Brandenburg Jugendhilfe mit Landwirtschaft und Umweltschutz. Viele Menschen investierten auch nach Fidels Tod ihr Herzblut an den Jugendhof und viele Jugendliche und junge Erwachsene konnten hier Freundschaften schließen und wieder hoffnungsvoller in die Zukunft blicken. Hin und wieder kommen sie zurück, als erwachsene Menschen, fragen nach diesem oder jenem Mitarbeiter/In und berichten, was aus ihnen geworden ist – so sehr hat sie ihre Zeit auf dem Jugendhof geprägt. Der Jugendhof lebt von der Beteiligung und dem Engagement der Menschen, die hier leben, arbeiten oder anderweitig Anteil nehmen. In diesem Sinne möchten wir in dieser Konzeption die gelebte und bewährte Tradition, die den Jugendhof charakterisiert darstellen und den Raum festschreiben, in dem die stetige Weiterentwicklung durch engagierte Menschen möglich bleibt.

Entstehungsgeschichte

Im Jahre 1990, die DDR war gerade in der Auflösung begriffen, lobten große Firmen und Stiftungen Sondermittel als Starthilfe für Aufbauprojekte in den neuen Bundesländern aus. So stellte auch die Stiftung eines schwedischen Möbelhauses Sondermittel für sozial-ökologische Projekte im Bereich Kinder- und Jugendarbeit in Aussicht. Betriebsintern wurden Mitarbeiter aufgefordert, solche Projekte zu lokalisieren und vorzuschlagen. Bei IKEA in Berlin war zu jener Zeit der spätere Geschäftsführer und Vorsitzende des Jugendhofes Brandenburg als Contract-Chef tätig. Auch Fidel Jahncke erreichte die Aufforderung, entsprechende förderfähige Projekte zu finden und der Stiftung in der Deutschlandzentrale zu melden.

Von nun an wurden für den Contract-Chef Geschäftsreisen und private Ausflüge nach Brandenburg zugleich auch Erkundungs- und Rechercheeinsätze. Aus dem scheinbar mühelosen Nebenjob wurde jedoch eine beschwerliche Suche nach ökologischen oder idealerweise sogar sozial-ökologischen Projekten. Öko-Initiativen und lokale Umweltaktivisten waren schwer oder gar nicht auszumachen.

Der Umweltschutz in der DDR wurde scheinbar eher als lokaler Naturschutz einiger weniger engagierter Einzelpersonen und Kleingruppen betrieben.

Es entstand im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen (MASGF) unter der Ministerin Regine Hildebrandt das Programm „Aufbruch Psychiatrie“. Innerhalb der Jugendpolitik wurden neue soziale Aufgaben und Ziele benannt und es sollte eine Umstrukturierung erfolgen. So sollte nicht mehr diszipliniert und weggeschlossen, sondern therapiert und sozial integriert werden.

Vor diesem Hintergrund entstand zunächst ein idealtypische Konzept. Wichtig war dem Volkswirt Jahncke jedoch auch, dass das geplante sozial-ökologische Projekt einen realistischen sozialpolitischen Hintergrund, sprich einen langfristigen Bedarf und zugleich eine betriebswirtschaftliche Orientierung haben muss.

Jugenhof Brandenburg von Oben

Die wichtigsten Konzeptgrundsätze sind bis heute:

  • Der Jugendhof muss unabhängig sein und sein Konzept bzw. Betreuungsangebot frei gestalten können; auch Kostenträger haben kein Mitbestimmungsrecht
  • Der Jugendhof ist ideologisch und konfessionell unabhängig, wobei Demokratie, Humanität sowie Natur- und Umweltschutz als übergeordnete Werte festgeschrieben sind. Die Gleichberechtigung ist selbstverständlich;
  • Der Aufenthalt in der Einrichtung ist immer freiwillig.
  • Die Betreuten sollen nicht nur auf dem Hof wohnen, sondern auch über Tag beschult und beschäftigt werden. Die 24/7 Betreuung soll ein festes soziales Umfeld und einen durchstrukturierten Tagesablauf ermöglichen.
  • Der Jugendhof muss diverse Beschäftigungsbereiche bieten, vor allem Landwirtschaft und Tierhaltung, Gartenbau, Forstwirtschaft und Holzbearbeitung, Bauhandwerk und Hauswirtschaft. Die Tätigkeiten selbst müssen erkennbar sinnvoll und abwechslungsreich sein sowie der Leistungsfähigkeit der Betreuten entsprechen, um affirmativ zu wirken und sofortige Erfolgserlebnisse zu ermöglichen.
  • Eine Vielzahl von Tieren soll gehalten werden, wobei die Tiere – insbesondere die Pferde – sowohl in der Landwirtschaft eingesetzt werden, als auch als therapeutische Hilfsmittel dienen können. Über die Tierversorgung kann Verantwortung, Fürsorge und Zuverlässigkeit entwickelt werden.
  • Es soll ein großer Selbstversorgungsgrad bzw. erhebliche Eigenleistungen beim Aufbau und Betrieb der Einrichtung erbracht werden, damit sinnvolle, selbstmotivierende Beschäftigung entsteht.
  • Offenheit für Besucher und eine Vernetzung regional (Dorfgemeinschaft) und international (SCI Camp) sind ausdrücklich gewünscht.
  • Die Jugendlichen sollen soziale Kompetenzen und Selbstvertrauen entwickeln sowie realistische Lebensperspektiven finden.

Eine Verbindung von Sozialarbeit und Ökologie – Komplexes Denken, vernetztes Handeln

Ein wesentlicher Aspekt unserer pädagogischen Arbeit stellt die Handlungsorientierung dar, die es den Jugendlichen ermöglicht, über persönliche Erfolgserlebnisse die Eigenmotivation herzustellen oder zu steigern.

Ökologisch orientierte Landwirtschaft – auf dem Jugendhof wird nach Bioland-Richtlinien gearbeitet – heißt Verzicht auf Spritzmittel und Kunstdünger; im Gegenzug sind in erheblichem Umfang viele praktische Tätigkeiten zu verrichten. Es sollen Arbeitspferde zur Kulturpflege (z.B. Eggen, Striegeln, Kartoffelhäufeln…), beim Gemüsebau und in der Forstarbeit eingesetzt werden. Demnach bietet der ökologische Landbau sinnvolle Beschäftigung für die Betreuten und erlaubt den Einsatz von Arbeitspferden als gewünschte therapeutische Begleitung. Zudem setzt die Kreislaufwirtschaft das Halten von Tieren voraus, weil ansonsten die Düngergrundlage für den Ackerbau fehlt.

Ein weiteres Beispiel für eine Vernetzung ist der Ökobau. Hier ist ebenfalls häufig vermehrter manueller Arbeitseinsatz nötig, insbesondere bei der Verwendung von Baustoffen wie Holz und Lehm. Auf dem Jugendhof sind alle Wohngebäude dachbegrünt. Diese natürliche Dachhaut kann nur schonend und durch Handarbeit aufgebracht werden.

Der Standort Berge im Havelland

Der Standort Berge wurde durch den Landtagsabgeordneten und späteren Vereinsvorsitzenden Dr. Günter Neumeister ins Gespräch gebracht. In Berge war die Humboldt-Uni Berlin mit einer Versuchsstation für Getreideerträge sowie mit einem großen Schafstall für Beweidungs-, Dünge- und Futterversuche vertreten. Die Versuche mit den Schafen sollten eingestellt werden. Die Idee war nun, Jugendhof und Forschungsstandort zu einer Kooperation zu bringen. So war angedacht, die Versorgung der Tiere durch die Betreuten vornehmen zu lassen, den landwirtschaftlich/ technischen Teil – sowie selbstverständlich die Forschung – sollte die Humboldt-Uni erbringen. Außerdem konnten ja auch Gebäude gemeinsam genutzt werden; es entstand also schon früh die Idee, dem Jugendhof einen Seminarteil anzugliedern.

Berge bot sich als Standort auch deshalb an, weil es an der B 5 , in 5 km Entfernung zur Stadt Nauen liegt sowie über eine gute Busanbindung verfügt.

Die Infrastruktur ist in Berge insgesamt gut, denn es gibt in gut erreichbarer Nähe Krankenhäuser (z.B. Havellandkliniken Nauen, Asklepiosklinik Brandenburg, PIA Potsdam), Schulen (Kooperationsschule Friesack) und Ausbildungsstätten (u.a. RKI) und weitere Kooperationspartner.

Der Jugendhof auf Preußenland

Der Standort Berge bot jedoch noch einen weiteren Vorteil: Berge war ein früheres preußisches Domänengut, also ein dem Staat Preußen gehörender großer Landwirtschaftsbetrieb zur Versorgung von Verwaltung und Militär. Die Flächen wurden von einem Tierzuchtgut bewirtschaftet und standen nach der Wende unter Treuhandverwaltung. Das Land Brandenburg hatte jedoch einen „Restitutionsanspruch“, wollte als Rechtsnachfolger der preußischen Verwaltung in den Besitz des Gutes (bzw. der diversen Preußen-Güter) kommen. Die Interessen des Landes Brandenburg wurden vom Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (MELF) wahrgenommen. Eine eigene Bewirtschaftung war nicht vorgesehen.

Das Sozialministerium, das Umweltministerium (MLUR), das Landwirtschaftsministerium (MELF) sowie die Humboldt-Universität Berlin befürworteten eine Verpachtung von gut 34 ha landwirtschaftlicher Nutzfläche an den Jugendhof.

Das Projekt wird konkret: Die Vereinsgründung

Nachdem der Standort gefunden, der Bedarf für die pädagogische Einrichtung auf fachlicher Ebene (u.a. durch die Jugendpsychiatrien) bestätigt, die kommunalen Gebietskörperschaften befragt und die Unterstützung des Landes Brandenburg ausgesprochen wurde, stand der Vereinsgründung nichts mehr im Wege.

Der Verein Jugendhof Brandenburg wurde am 30.12.1991 gegründet.

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